Der Brötchen Code - Das Geheimnis luftig leichter Frühstückswecken

Letztes Update am 26.7.2024 13:54 Uhr

Der Brötchen Code - Das Geheimnis luftig leichter Frühstückswecken

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Eine zartsplitternde Kruste, golbraun gebrannt, gepaart mit einer butterweichen Krume. So stelle ich mir das perfekte Brötchen vor. Wer Brötchen backt, der weiß: Einfach ist es nicht, das perfekte Brötchen zu backen. 

Da wäre zum einen die zähe Kruste, die nicht so richtig knusprig werden will. Zum anderen die feste Krume, die das Brötchen schwer im Magen liegen lässt. 

Nun kann man hingehen und sagen: So ist das nun mal im Handwerk. Solange der Geschmack stimmt, ist doch alles gut und ich liebe den Geschmack meiner Brötchen. Doch es hat auch seinen Reiz, ein Brötchen in der Hand zu halten, das so locker leicht ist wie das aus der Bäckerei oder dem Supermarkt nebenan.

Eine Zutat, die ich in meinen Brötchenrezepten verwende, trägt den Namen Brötchenbackmittel. Es handelt sich hierbei um eine komplexe Mischung verschiedener Inhaltsstoffe, die mir dabei helfen, das perfekte Brötchen zu backen. Das Aroma meiner Brötchen ist genauso gut wie ohne Backmittel, aber die Textur ist um Welten besser.

Schaue Dir unten stehendes Bild an. Beide Brötchen wurden mit exakt demselben Rezept gebacken. Der einzige Unterschied: dem Teig vom rechten Brötchen habe ich ein Backmittel zugesetzt. 

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Also ja, Backmittel wirken und sie machen die Brötchen tatsächlich besser. Wie sie das machen, um das geht es in diesem Artikel. Denn wer kein industrielles Allzweckbackmittel einsetzen will, für den gibt es auch Alternativen. 

Emulgatoren und Vitamin C - für luftigere Brötchen mit mehr Volumen

Emulgatoren verbessern die Stabilität des Brotteigs, wodurch dieser ein größeres Volumen an Luft einschließen kann. In der Folge können die Brötchen vor dem Backen länger aufgehen, ohne in sich zusammenzufallen. Das gebackene Brötchen weist eine luftigere und flauschigere Krume auf. 

Zu den beliebtesten Emulgatoren in der Backindustrie zählen:

  • DATEM
  • SSL
  • Lecithin

Der bekannteste Emulgator in dieser Liste ist Lecithin, der unter anderem im Eigelb vorkommt. Lecithin ist das Molekül, das es ermöglicht, Essig und Öl für eine Mayonnaise zu vermischen. Aber auch jeder Hefezopf, in dessen Teig sich ein Eigelb befindet, enthält den Emulgator Lecithin. 

Doch nicht nur im Eigelb findet sich Lecithin. Auch Soja ist reich an diesem Emulgator. So verwundert es nicht, dass Sojamehl eine übliche Zutat in französischen Baguettes ist. Wer also auf ein Backmittel mit DATEM verzichten will, der kann auch einfach 1 bis 1,5 Prozent der Mehlmenge an Sojamehl dem Teig zugeben. 

Um die Wirkung von Sojamehl noch weiter zu verstärken, empfiehlt es sich, 2 Prozent der Mehlmenge an Schmalz oder gehärtetem Pflanzenfett dem Teig zuzugeben. Kristalline Fette können ähnlich wie Emulgatoren dabei helfen, Luftbläschen im Brotteig zu stabilisieren. 

Ein weiterer Teigverbesserer ist die Ascorbinsäure, uns allen bekannt als Vitamin C. Weizenmehl enthält ein Antioxidans namens Glutathion, das liebend gern mit den Kleberproteinen im Weizen interagiert und das Klebergerüst so destabilisiert. Vitamin C hilft dabei, das aggressive Glutathion zu zähmen, sodass es keine Verbindungen der Kleberproteine beschädigt.

Viele Mehle in Deutschland werden bereits vor dem Verkauf mit Ascorbinsäure behandelt, sodass es sich lohnt, auf der Zutatenliste zu schauen, ob dem Mehl Vitamin C beigesetzt wurde. Wenn nicht, dann beträgt die korrekte Dosagemenge 0,02 bis 0,2 Prozent der Mehlmenge. 

Wer kein reines Vitamin C zugeben will, der kann stattdessen auch Acerolapulver verwenden. Hier beträgt die optimale Dosagemenge 0,3 bis 0,7 Prozent der Mehlmenge. 

Enzyme - damit die Brötchen knusprig werden und länger frisch bleiben

Auch wenn es mittlerweile Enzyme für jede gewünschte Funktionalität im Brotteig gibt, so ist die klassische Rolle von Enzymen, den Abbau der Stärkemoleküle im Teig zu beschleunigen. Das bekannteste Enzym hierfür ist die Alpha-Amylase, die nativ in Weizenmehl als auch in unerhitzten Malzmehlen vorkommt. 

Ein kontrollierter Abbau der Stärkemoleküle im Teig führt dazu, dass die Stärke beim Backen im Ofen erst bei höheren Temperaturen geliert. Sobald die Stärke geliert, wird der Brotteig fest und kann nicht mehr weiter aufgehen. Enzyme helfen also dabei, das Brotvolumen zu erhöhen, weil der Teig im Ofen länger aufgehen kann. Zusätzlich bräunen die Brötchen im Ofen besser und schneller, da beim Stärkeabbau Zuckermoleküle entstehen, die dafür sorgen, dass die Kruste goldbraun und knusprig wird. 

Der allerwichtigste Vorteil der Alpha-Amylase ist aber, dass das Brot länger frisch bleibt. Altes Brot wird fest und trocken, weil es zum einen Wasser verliert und zum anderen das Amylopektin, ein Bestandteil der Stärke, mit der Zeit rekristallisiert und ein zähes Netzwerk bildet. Je schwächer dieses Amylopektinnetzwerk, desto länger bleibt das Brot frisch.

Warum aber sollten Bäcker nun auf industriell hergestellte Alpha-Amylase zurückgreifen, wenn diese doch bereits nativ in Weizenmehl und Gerstenmalz enthalten ist? Der Grund ist simpel: Die industriell hergestellte Alpha-Amylase wird aus Schimmelpilzen gewonnen und unterscheidet sich in ihrer Wirkungstemperatur von der getreideeigenen Alpha-Amylase. Die weizeneigene Alpha-Amylase ist sehr temperaturstabil und verliert ihre Wirkung erst ab 80 °C. Die Alpha-Amylase aus Schimmelpilzen wird hingegen schon bei Temperaturen ab 65 °C inaktiviert. 

Das ist wichtig, weil wir zwar einen Abbau der Stärkemoleküle möchten, dieser darf aber nicht zu exzessiv sein. Die warmen Temperaturen im Ofen beschleunigen zunächst den Abbau der Stärke rasant bis zu dem Zeitpunkt, an dem die Enzyme inaktiviert werden. Wenn die Enzymaktivität im Ofen zu hoch ist, dann führt das zu einem Brotfehler, der als klitschige Krume bekannt ist. Die Brotkrume ist feucht und klebrig. Das Brot ungenießbar.

Einer der Hauptgründe, warum ich kein Fan von aktivem Gerstenmalz bin, ist genau dieser Punkt. Ich mag es nicht, wenn meine Brotkrume komisch feucht ist. Ich liebe das Aroma von Malz, weshalb ich zum Backen immer die inaktive Form, das Aromamalz, verwende. Ein Brötchenbackmittel mit Alpha-Amylase ist letztlich nichts anderes als ein enzymaktives Malz, nur ohne dessen Nachteile. Leichter zu verarbeiten, zuverlässigere Ergebnisse. 

Häufig findet sich in industriellen Backmitteln auch das Enzym Xylanase, das wasserunlösliche Fasern im Teig spaltet, wodurch diese in der Lage sind, Wasser zu binden. Das macht den Teig weniger klebrig, was besonders hilfreich ist, wenn maschinell gearbeitet wird. Zudem werden Teile des gebundenen Wassers während des Backprozesses wieder freigesetzt, wodurch der Teig beim Backen weicher wird und besser aufgehen kann.

Einen ähnlichen Effekt wie bei der Xylanase lässt sich durch Gelbildner wie beispielsweise Guarkernmehl erreichen. Guarkernmehl hilft dem Teig auch dabei, mehr Wasser zu binden. Sojamehl ist hier ebenfalls eine sehr potente Zutat, die viel Wasser aufnehmen kann.

Was es außer Backmitteln sonst noch braucht, um gute Brötchen zu backen

Auch die besten Backmittel nützen nichts, wenn die Grundvoraussetzungen schlecht sind. Backmittel verbessern gutes Brot, machen aber aus schlechtem Brot kein gutes. Daher abschließend die drei wichtigsten Punkte für optimale Backergebnisse:

  • Kaufe nicht das billigste Mehl im Discounter. Die Mehlqualitäten und deren Verarbeitungseigenschaften schwanken erheblich. Für Pfannkuchen ist das Billigmehl ok, fürs Brotbacken sollte es schon etwas Besseres sein.
  • Der Brotteig sollte immer etwas klebrig sein, ansonsten ist er vermutlich zu fest und geht im Ofen nicht richtig auf.
  • Ein Backstein oder Backstahl in Kombination mit Schwaden sorgt dafür, dass die Hitze im Ofen rasch auf die Brötchen übertragen wird und diese dann einen besseren Ofentrieb entwickeln. Für das Erzeugen von Schwaden reicht es vollkommen aus, mit einer Sprühdose kurz vor dem Backen Wasser in den Ofen zu injizieren.

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