Kenias mobiles Zahlungssystem Mpesa: Lohnt sich das? Ich habe nachgerechnet.

Letztes Update am 1.8.2024 20:34 Uhr

Kenias mobiles Zahlungssystem Mpesa: Lohnt sich das? Ich habe nachgerechnet.

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Bildquelle: WorldRemit Comms unter einer CC BY-SA 2.0 Lizenz.

Kenia gilt als besonders fortschrittlich im Bereich der mobilen Zahlungen. Als Tourist kann man in Kenia problemlos Urlaub machen, ohne auch nur einmal Bargeld in der Hand gehabt zu haben. Ermöglicht wird dies über das Mpesa-Bezahlsystem, für das jeder mit einer Safaricom-Simkarte sich kostenfrei anmelden kann.

Die Simkarte bekommt man in den Safaricomshops entweder als physische Karte oder auch ganz modern als E-Sim ausgestellt. Die Freischaltung für das Mpesa-System muss man extra verlangen und ist nur gegen Vorlage eines Reisepasses möglich, sodass anonyme Zahlungen nicht möglich sind.

Seinen Mpesa-Account kann man dann entweder mit Bargeld bei Mpesa-Agenten aufladen oder man überweist Geld mithilfe eines Zahlungsdienstleisters wie zum Beispiel Wise auf den Account. Als Account-Nummer dient die Telefonnummer der Simkarte. Über die Mpesa-App oder das Sim-Toolkit auf dem Handy kann man dann bequem durch die Eingabe der Telefonnummer des Empfängers Geld überweisen. 

Technisch funktioniert das Mpesa-System einwandfrei und es bietet viel Komfort, vor allem weil man immer genau passend bezahlen kann, ohne darauf hoffen zu müssen, dass der Gegenüber ausreichend Wechselgeld hat. Zudem besteht die Möglichkeit, bei Betrug Zahlungen zurückzuholen, sofern der Account des Empfängers ausreichend gedeckt ist. 

Ich habe das Mpesa-System in Kenia täglich genutzt und fand es top. Dennoch habe ich mir die Frage gestellt: Lohnt sich Mpesa auch aus finanzieller Sicht? Immerhin wird mit jeder Transaktion auch eine Transaktionsgebühr in Rechnung gestellt. Ich habe nachgerechnet.

Kosten für Bargeldverfügungen mit meinen Kreditkarten

Am 31. Mai 2024 beschaffte ich mir mit der gebührenfreien Kreditkarte meiner Hausbank 20.000 kenianische Schilling zu einem Umrechnungskurs von 139,95 Schilling pro Euro. Der offizielle Umrechnungskurs an diesem Tag lag bei etwa 141,68 Schilling pro Euro. Gezahlt habe ich für 20.000 Schilling 142,91 Euro, mit dem offiziellen Umrechnungskurs wären nur 141,16 Euro fällig gewesen. Die Bank hat somit eine versteckte Gebühr von 1,75 Euro erhoben, was prozentual 1,22 Prozent der Transaktion ausmacht. Je 1000 Euro Kreditkartenumsatz kostet mich die Differenz zum offiziellen Wechselkurs 12,20 Euro an Gebühren.

Nun habe ich das Glück, eine Spezialkreditkarte für junge Leute zu besitzen, sodass meine Hausbank keine sonstigen Gebühren erhebt. Für dieselbe Kreditkarte werden ab einem Alter von 30 Jahren 1,5 Prozent Auslandseinsatzgebühr und 2 Prozent Gebühr für Barabhebungen fällig. Es wären also je 1000 Euro Umsatz noch mal 15 Euro Auslandseinsatzgebühr und 20 Euro Geldautomatengebühr fällig geworden. Insgesamt käme ich ohne Sonderkonditionen so auf Kosten von 47,20 Euro je 1000 Euro Bargeld in Kenia.

Als zweite Kreditkarte nutze ich die gebührenfreie Mastercard der Advanzia-Bank. Diese erlaubt es, ohne Gebühren im Ausland Transaktionen zu tätigen. Am 13. Juni 2024 holte ich mir mit dieser Karte 40.000 Schilling zu einem Wechselkurs von 137,36 Schilling pro Euro. Der offizielle Wechselkurs betrug an diesem Tag 138,64 Schilling pro Euro, sodass ich eine Tauschgebühr von 2,69 Euro verloren habe, was prozentual 0,92 Prozent der Transaktionssumme ausmacht. So verliert man bei 1000 Euro Kreditkartenumsatz 9,20 Euro durch die Differenz zum offiziellen Wechselkurs.

Allerdings hat die Kreditkarte der Advanzia-Bank den Haken, dass ab dem Tag der Abhebung Zinsen in Höhe von 24,69 Prozent pro Jahr fällig werden. Wird die Kreditkartenrechnung etwa vier Wochen nach der Abhebung beglichen, so sind bereits Zinsen von rund 20,60 Euro je 1000 Euro Bargeld fällig. Rechnet man die Verluste durch Differenzen in den Wechselkursen und die Sollzinsen zusammen, so werden bei der Advanzia-Bank für 1000 Euro Bargeld in Kenia etwa 29,80 Euro fällig.

Kosten für Überweisungen im Mpesa-Netzwerk

Am 1. Juni 2024 startete ich die erste Überweisung auf meinen Mpesa Account mit dem Auslandszahlungsdienstleister Wise. Ich bekam den offiziellen Wechselkurs von 141,59 kenianische Schilling pro Euro angeboten und zahlte eine Gebühr von 13,32 Euro für den Übertrag von 1000 Euro auf meinen Mpesa-Account.

Bei Zahlungen über das Mpesa-Netzwerk werden Transaktionsgebühren fällig. Diese betragen maximal 80 Cent pro Transaktion, das heißt, gerade große Transaktionen sind enorm kostengünstig, während kleinere Einkäufe viel teurer sind. Bei einer durchschnittlichen Transaktionshöhe von 10 Euro werden bei einer mittleren Transaktionsgebühr von 70 Cent bei 1000 Euro Umsatz 70 Euro an Transaktionsgebühren fällig. Viel günstiger ist es, wenige große Transaktionen zu tätigen, wie zum Beispiel das Bezahlen einer Safaritour. Bei einer durchschnittlichen Transaktionshöhe von 200 Euro werden bei einer mittleren Transaktionsgebühr von 80 Cent bei 1000 Euro Umsatz nur 4 Euro an Transaktionsgebühren fällig.

Vergleich der Kosten für 1000 Euro Bargeldumsatz in Kenia:

  Hausbank Kreditkarte (Young Tarif) Hausbank Kreditkarte (Normalpreis ab 30 Jahren) Advanzia Kreditkarte Wise und MPesa
Wechselkursverluste 12,20 € 12,20 € 9,20 € 0 €
Transaktionsgebühren 0 € 15 € 0 € 13,32 € (Wise)
Bargeldgebüren 0 € 20 € 20,60 € 4 bis 70 € (Mpesa)
Summe 12,20 € 47,20 € 29,80 € 17,32 € bis 83,32 €

Was ist denn nun am günstigsten?

Ohne Frage, wer eine komplett gebührenfreie Kreditkarte hat, bei der auf Barabhebungen keine Gebühren erhoben werden, der kommt in Kenia am günstigsten mit der Kreditkarte davon. Bei der gebührenfreien Kreditkarte meiner Hausbank verliere ich durch Wechselkursdifferenzen nur etwas mehr als 12 Euro pro 1000 Euro Bargeld.

Ganz anders sieht es aus, wenn Auslandseinsatzgebühren und Co hinzukommen. Dann schmilzt der Kostenvorteil von Kreditkarten gegenüber dem Mpesa-Bezahlnetzwerk. Wer in Kenia große Summen bar bezahlen möchte, wie beispielsweise eine Safaritour oder Hotelrechnungen, der kann mit dem Mpesa System günstiger davonkommen. Der große Vorteil von Mpesa ist auch, dass Transaktionen über beispielsweise 1500 Euro Bargeld problemlos abgewickelt werden können. Man muss nicht jeden Tag mehrfach zum Geldautomaten rennen, um das Geld zusammenzukratzen und hat auch kein Risiko, dass das Bargeld im Hotelzimmer gestohlen wird. Wer Geld sparen möchte, der sollte es aber vermeiden, kleine Summen zwischen 1 bis 10 Euro mit dem Mpesa-System zu bezahlen, weil einen dann auf Dauer die Transaktionskosten einholen.

Bei mobilem Geld verdient die Bank bei jeder Transaktion kräftig mit. Von 100 Euro, auf die bei jeder Transaktion 2 Prozent Gebühren anfallen, sind nach gerade einmal 35 Transaktionen nur noch 50 Euro übrig, den Rest hat sich die Bank eingesteckt. Nach 100 Transaktionen hat man nur noch lächerliche 13,53 Euro. 100 Euro Bargeld kann privat hingegen auch tausendmal den Besitzer wechseln, ohne dass die Bank auch nur einen Cent davon zu sehen bekommt. 

Meine Meinung zu Mpesa

So schön das Mpesa-System auch ist, in Deutschland würde ich es nicht nutzen, um Freunden und Bekannten privat Geld zu senden. Ich möchte nicht, dass die Bank sich an jeder noch so kleinen Privattransaktion bereichert. Ein Unterschied von Kenia zu Deutschland ist, dass die meisten Menschen im informellen Sektor beschäftigt sind. Diese Personen haben dann natürlich keine geschäftlichen Mpesa-Accounts, sodass der Versender vom Geld zumeist die Transaktionsgebühren trägt.

In Deutschland sind wir es gewohnt, dass egal wo wir einkaufen, der Verkäufer für die Bankgebühren aufkommt. Wir sehen daher nicht die Rechnung, die wir monatlich durch unsere Banktransaktionen verursachen. Klar, Bargeldhandling kostet Unternehmen auch Geld, aber gerade im privaten Bereich bin ich froh, dass wir Bargeld haben. Ist das Bargeld erst mal abgeschafft, dann ist man den Transaktionsgebühren der Dienstleister gnadenlos ausgesetzt. Man stelle sich nur vor, man verschenkt an Weihnachten 1000 Euro an Bekannte und zahlt dafür 50 Euro an Transaktionsgebühren. Dazu kommen die fehlende Privatsphäre und das Risiko einer willkürlichen Sperrung von Accounts.

In Kenia möchten viele Menschen in ärmeren Gegenden viel lieber in Bargeld als durch Mpesa bezahlt werden, da arme Menschen die Transaktionskosten noch viel stärker belasten als uns in Deutschland. Das sind Menschen, die haben kein Bankkonto. Die haben ihr Geld bei sich zu Hause. Bargeldhandling ist für diese Personen kostenlos. Durch Transaktionsgebühren entzieht das Mpesa-System lokalen Handelsplätzen aktiv Geld. Das Geld zirkuliert nicht mehr unbegrenzt in der Gemeinschaft, sondern wird mit jeder Transaktion weniger. Es entsteht kein nachhaltiger Geldkreislauf, weil der lokalen Gemeinschaft konstant Geld entzogen wird. 

Wir sollten nicht vergessen: Bargeld lacht! In Kenia und auch in Deutschland.


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